Interview W. Pachali & G. Althaus – Über die Rolle der „Hofnarren“

In unseren Blogbeiträgen veröffentlichen wir Fragen von Workshop-Teilnehmern, Interviews mit Pressevertretern und Gespräche mit Kunden.

Als wirkungsvolles Gegenmittel gegen die Abgehobenheit und Rechthaberei in den Führungsspitzen von Politik und Wirtschaft wird in der aktuellen Management-Literatur immer häufig der Ansatz „Hofnarren“ ins Gespräch gebracht – Brauchen wir in Politik und Wirtschaft mehr „Hofnarren“ gegen die in unserer Zeit wachsende mentale Abschottung der Führenden?“

Althaus
Eine moderne Art von Hofnarren könnte in der Politik, den Unternehmen und der Gesellschaft für mehr Ehrlichkeit und Respekt auch für andere Meinungen sorgen. Und damit der Tendenz der Isolation und des Realitätsverlustes frühzeitig entgegenwirken.  

Pachali
Man sollte in neuer Form wieder so etwas wie „Hofnarren“ einführen. Personen und Institutionen, die unangenehme Wahrheiten und grundlegende Kritik an den bestehenden Ansätzen und den verantwortlichen Unternehmenslenkern äußern können.  

Warum sind „Hofnarren“ so wichtig, gerade in einer Zeit der belastenden Unübersichtlichkeit und Unplanbarkeit?

Althaus
Manager und Führungskräfte werden abgeschirmt, hören zu selten Kritik. An der Führungsspitze angekommen fehlen ihnen die ehrlichen – auf Augenhöhe agierenden – Sparringpartnern. Zunehmend entwickeln sie eine gewisse Lern- und Beratungsresistenz. Die blinden Flecke der Wahrnehmung werden größer und größer.

In Abwandlung von Lord Actons Spruch über Macht und Korruption könnte man sagen, Macht führe zu Überheblichkeit, absolute Macht führe zu absoluter Überheblichkeit. Ist das so?

Althaus
Die Wirtschaft wäre vor einigen gravierenden Fehlentwicklungen und Desastern bewahrt geblieben, wenn den (zu) vielen abgehobenen, überambitionierten und maßlosen Unternehmern und Managern rechtzeitig der Spiegel vorgehalten worden wäre. Und damit meine ich nicht den Spiegel von außen in Form von Wirtschaftsprüfern oder Medienvertretern. Ich meine den Spiegel von innen, von mit der Sache vertrauten, kompetenten und vor allem ehrlichen Mitdenkern.

Pachali
Sogar bescheidene und geerdete Menschen umgeben sich, einmal an der Führungsspitze angelangt, gerne mit Bewunderern, Ja-Sagern und Opportunisten. Sie isolieren sich und bewegen sich in Blasen. Sie kommunizieren nur noch mit Gleichgesinnten, in selbstbestätigenden Echokammern. „Hofnarren“ würden in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft solche Blasen aufstechen, zum Dialog anregen und den Realitätssinn fördern.