Interview W. Pachali – Interview zum Podcast „Finanzrauschen“ Teil II

In unseren Blogbeiträgen veröffentlichen wir Fragen von Workshop-Teilnehmern, Interviews mit Pressevertretern und Gespräche mit Kunden. Heute ein kleiner Einblick in das Interview zum Podcast „Finanzrauschen“ der Podcast-Reihe DG Nexolution

Welche Rolle spielt das Thema Selbstwirksamkeit im Kontext von Evolve-Management?

Wolfgang
Eine große und bedeutsame. Die Beziehung zu mir selbst entscheidet über das Denken und Handeln. Was traue ich mir zu, welche Grenzen setze ich mir?

Selbstwirksamkeit bedeutet demnach, dass jemand überzeugt ist, aus eigener Kraft sein Leben oder eine bestimmte Situation verändern zu können. Durch das Vertrauen in sich selbst und seine Fähigkeiten gibt man sich der Situation also nicht hin, sondern handelt.

In der Wissenschaft werden meist zwei Arten der Selbstwirksamkeit unterschieden:
Situative Selbstwirksamkeit beschreibt den Glauben an sich selbst in einer bestimmten Situation. Zum Beispiel der Gedanke, eine anstehende Prüfung erfolgreich zu meistern.

Allgemeine Selbstwirksamkeit beschreibt allgemein den Glauben an sich selbst. Also die Überzeugung, sein Leben gut zu meistern.
Daneben werden zwei weitere Konzepte unterschieden: die Erlebniserwartung und die Selbstwirksamkeitserwartung:

Die Erlebniserwartung ist die Erwartung darüber, wie sich eine Person während einer bestimmten Erfahrung fühlen wird.
Die Selbstwirksamkeitserwartung bezieht sich auf die Überzeugungen einer Person. Glaubt sie daran, eine bestimmte Aufgabe erfolgreich zu bewältigen? Dann besitzt sie Selbstwirksamkeitserwartung.

 

Manager/Führungskräfte mit hoher Selbstwirksamkeit haben also viele Vorteile?

Wolfgang
Ja, i.d.R. haben Manager/Führungskräfte mit hoher Selbstwirksamkeit mehr Erfolg, weniger Ängste, mehr Durchhaltevermögen.

Durch ihre positive Grundeinstellung glauben sie daran, ihre Ziele zu erreichen. Sie trauen sich, auf Herausforderungen einzugehen und sie zu meistern.
Dieses Vertrauen führt auch dazu, dass sie weniger Angst vor schwierigen Situationen haben. Sie gehen davon aus, dass sie jede Herausforderung meistern können.
Wer sich als selbstwirksam wahrnimmt, handelt aus der Grundeinstellung, Dinge zu schaffen. Rückschläge belasten daher nicht, sondern motivieren zu mehr Durchhaltevermögen, bis das Ziel erreicht ist.

Ein weiteres Schlagwort in der aktuellen Management-Literatur lautet „Anders-sein“?

Wolfgang
Die Forderung Manager/Führungskräfte müssen „anders-sein“ entspricht nicht unserem Denken. Hier gilt das Gleiche wie bei der Forderung nach „Change“. In beiden Fällen fehlt das entscheidende: Verändern – ja, aber wohin, anders-sein – ja, aber wie? Im Kontext von Evolve (sich-weiterentwickeln) legen wir größten Wert auf die Konkretisierung des Ziels, wohin will ich mich weiterentwickeln und wozu?

Sehen Sie in diesen Forderungen nach Andersartigkeit und Veränderungsbereit eher „Rhetorik“?

Wolfgang
Ja, wenn Andersartigkeit und Change allzu oft und allzu laut vorgetragen stimmen sie mich nachdenklich. Diese Forderungen klingen gut auf der Bühne der Townhall-Veranstaltungen. Manager/Führungskräfte verhalten sich jedoch häufig vor der Bühne anders als hinter der Bühne. Sichtbar auf der Vorderbühne wird entschlossen und kraftvoll von Aufbruch und Umbruch gesprochen, hinter der Bühne gilt „alles bleibt beim Alten“. Vor der Bühne unkonventionell – angepasst an den Zeitgeist, d.h. ohne Krawatte und per „Du“ – hinter der Bühne das wahre Gesicht.  

Sprechen Sie gerade das an was man in der Wissenschaft unter dem Stichwort „Doppel-Realitäten“ versteht?

Wolfgang
Ja, es wird gerne Theater gespielt. Man spielt die Rolle, die andere Manager/Führungskräfte spielen. Und übersieht dabei, dass diese „übernommenen“ Rollen meist nur wenig überzeugend gespielt werden können und daher i.d.R. schnell entlarvt werden. Viele Mitarbeiter möchten gerne diesen Managern/Führungskräfte die „Maske vom Gesicht reißen“. Sie sind es leid ständig mit diesen Plastikwörtern (wie sie sie Uwe Pörksen nennt) konfrontiert zu werden.

Was ist „falsch“ an der Forderung nach Change, nach Veränderung in den Management- und Führungsetagen?

Wolfgang
Tief im Inneren wollen Unternehmen Stabilität, Mitarbeiter Kontinuität. Die konventionelle Logik verlangt keine Veränderung, keine Weiterentwicklung. Weltweit predigen die Manager/Führungskräfte dieselben Sorgen (Abgrenzung, Silos, Sandwich-Positionen) aus denselben Gründen. Doch in der Grundlogik in Unternehmen kommt Veränderung nicht vor. Das Ziel lautet Stabilität, Optimierung des Bestehenden. Die Grundlogik in Unternehmen ist Veränderungsfeindlich.

Das klingt hart …

Wolfgang
Es ist einfach nur eine Zustandsbeschreibung. Eine ehrliche, ungeschminkte Zustandsbeschreibung. Alle wollen „anders sein als alle anderen“ und sind sich dabei doch so gleich. Wir haben es also mit einer Spielart der Sei-spontan-Paradoxie zu tun: „Weiche vom Gewohnten ab!“

„Move fast and break things“ – eine wirkungslose Aufforderung das Gewohnte in Frage zu stellen?

Wolfgang
„Move fast and break things“ – klingt cool. Aber es ist in den meisten Fällen nur eine beliebte Floskel. Populär – weil es Aufbruch und Zukunftsdenken signalisiert. Es soll Vertrauen erzeugen, das das Management es mit dem Aufbruch ernstmeint.

Sind wir doch mal ehrlich: Über Vertrauen spricht man, wenn Vertrauen vermisst wird“. Im Fokus der meisten Unternehmen steht die Risiko-Vermeidung. Risikobereitschaft ist begraben unter dicken Anweisungen zur Risikovermeidung und einem grenzenlosen Zwang zur Berichterstattung über die Einhaltung der Anweisungen zur Risikovermeidung. Unternehmen haben unzählige Abteilungen, die überprüfen und überwachen. Es wird gesucht und gefahndet nach denen, die sich nicht so verhalten, wie sie sich verhalten sollen.

Was wäre, wenn in Unternehmen ähnlich viele und leistungsfähige Abteilungen existieren würden, die Anweisungen zur Chancenerkennung erarbeiten, einführen und deren aktive Einhaltung „belohnen“ würden.